Vorsorgevollmacht – Selbstbestimmung für den Ernstfall
Im Alter wird es immer wichtiger, frühzeitig Vorsorge für unvorhergesehene Situationen zu treffen, um die eigene Selbstbestimmung zu sichern. Eine Vorsorgevollmacht ist ein zentrales Instrument, das es Ihnen ermöglicht, auch im Fall von Krankheit oder Unfällen weiterhin Kontrolle über persönliche, finanzielle und medizinische Entscheidungen zu behalten. Sie schützt Sie vor rechtlichen Unsicherheiten und hilft, Streitigkeiten unter Angehörigen zu vermeiden. Für viele Senioren bedeutet sie somit die beruhigende Gewissheit, dass sie auch in Notfällen durch eine vertraute Person vertreten werden, die ihre Wünsche und Vorstellung berücksichtigt.
In diesem Artikel erfahren Sie alles, was Sie über die Vorsorgevollmacht wissen müssen: von der Bedeutung über die rechtlichen Grundlagen bis hin zu praktischen Tipps für die Erstellung und der regelmäßigen inhaltlichen Überprüfung der Vorsorgevollmacht.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Mit einer Vorsorgevollmacht treffen Sie schon heute wichtige Entscheidungen für die Zukunft. Als Vollmachtgeberin oder Vollmachtgeber können Sie festlegen, wer in Ihrem Namen handelt, wenn Sie es selbst nicht mehr können – sei es in rechtlichen, finanziellen oder medizinischen Fragen. Die Person Ihres Vertrauens übernimmt dann die Aufgaben, die Ihnen wichtig sind.
Ob die Vollmacht für alle Lebensbereiche gilt oder nur für bestimmte Angelegenheiten wie medizinische Entscheidungen: Das bestimmen Sie ganz nach Ihren Wünschen. So bewahren Sie Ihre Selbstbestimmung und vermeiden Unsicherheiten bei Ihren Angehörigen.
Grundlage für das Dokument ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das ihre Rechtswirksamkeit garantiert. Um zusätzlich sicherzustellen, dass die Vollmacht im Ernstfall anerkannt wird, kann es sinnvoll sein, sie notariell beglaubigen zu lassen. Im Zusammenhang mit der Vorsorgevollmacht wird ebenfalls häufig das gesetzliche Notvertretungsrecht genannt. Dieses erlaubt Ehepartnern, in medizinischen Notfällen kurzfristig Entscheidungen zu fällen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass das Notvertretungsrecht nur medizinische Belange abdeckt und zeitlich auf sechs Monate begrenzt ist. Für eine umfassende Vorsorge, die auch finanzielle und rechtliche Fragen einschließt, ist daher die Vorsorgevollmacht besser geeignet.
Inhalte einer Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie eine Vertrauensperson, die im Falle Ihrer Handlungsunfähigkeit wichtige Entscheidungen für Sie treffen darf. Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Bereiche, in denen Ihre Vertrauensperson für Sie handeln kann:
- Gesundheit und Pflegebedürftigkeit. Ihre Vertrauensperson darf bestimmen, welche medizinische Behandlung Sie bekommen oder welche Pflegemaßnahmen durchgeführt werden. Auch wenn Sie bereits eine Patientenverfügung haben, wird die Person sicherstellen, dass Ihr Wille umgesetzt wird.
- Wohnort und Wohnung. Die oder der Bevollmächtigte kann über Ihren Wohnort entscheiden, sei es Ihre eigene Wohnung oder eine Pflegeeinrichtung. Die Person darf Ihren Mietvertrag kündigen, eine neue Wohnung für Sie mieten oder Ihren Haushalt auflösen, wenn das notwendig ist.
- Behörden. Die Vertrauensperson darf Sie bei allen Angelegenheiten gegenüber Behörden, Versicherungen und Sozialstellen vertreten. Das schließt auch das Recht ein, in Ihrem Namen datenschutzrechtliche Einwilligungen zu erteilen.
- Finanzen. Ihre Vertretung kann sich um Ihr Vermögen kümmern, das heißt, sie oder er darf alle notwendigen Geschäfte und Anträge für Sie erledigen, sowohl in Deutschland als auch im Ausland. Das schließt zum Beispiel Zahlungen und den Abschluss oder die Kündigung von Verträgen ein.
- Post und Kommunikation. Die Entgegennahme, das Öffnen und das Lesen von Briefen und E-Mails gehören ebenfalls zur Vorsorgevollmacht. Die bevollmächtigte Person kann auch Telefon- oder Internetverträge für Sie abschließen oder kündigen und Entscheidungen über alle Arten der Kommunikation für Sie treffen.
- Gerichtsangelegenheiten. Ihre Vertrauensperson darf Sie vor Gericht vertreten und alle notwendigen Schritte für Sie unternehmen.
- Untervollmacht. Sie können entscheiden, ob Ihre Vertrauensperson anderen Personen eine Untervollmacht erteilen darf.
- Gültigkeit über den Tod hinaus. Die Vollmacht bleibt auch nach Ihrem Tod gültig, sodass Ihr Vertreter oder Ihre Vertreterin sich um Ihre Angelegenheiten kümmern kann.
- Weitere Regelungen. Zusätzlich können Sie noch andere Regelungen festlegen, die Ihnen wichtig sind.
Vorsorgevollmacht aufsetzen: So wählen Sie bevollmächtigte Personen
Die Wahl der richtigen bevollmächtigten Person ist eine der wichtigsten Maßnahmen. Denn sie wird im Ernstfall weitreichende Entscheidungen in Ihrem Namen treffen, die Ihr Wohlbefinden, Ihre Finanzen und Ihre rechtliche Absicherung umfassen. Viele Menschen entscheiden sich für ihre Ehepartnerin oder ihren Ehepartner, erwachsene Kinder oder enge Freunde. Dabei ist es wichtig, jemanden auszuwählen, dem Sie voll und ganz vertrauen und der zuverlässig Ihre Wünsche respektiert. Wichtig ist auch, dass die bevollmächtigte Person sich ihrer Verantwortung bewusst ist und in schwierigen Situationen einen klaren Kopf bewahren kann. Besprechen Sie deshalb im Vorfeld ausführlich Ihre Vorstellungen und Wünsche, damit die Person genau weiß, wie sie in Ihrem Sinne handeln soll.
Es kann außerdem sinnvoll sein, mehrere Personen als Bevollmächtigte zu benennen, die jeweils für verschiedene Bereiche, wie Finanzen oder Gesundheit, zuständig sind. So stellen Sie sicher, dass in jedem Bereich die besten Entscheidungen für Sie getroffen werden. Bedenken Sie jedoch, dass niemand verpflichtet ist, eine Vorsorgevollmacht anzunehmen. Wir empfehlen Ihnen daher, die Vollmacht auch von Ihrer Vertretung unterschreiben zu lassen.
Sie haben auch die Möglichkeit, jederzeit weitere Personen in die bereits bestehende Vorsorgevollmacht einzutragen. Halten Sie die Änderungen schriftlich fest und lassen Sie diese gegebenenfalls notariell beglaubigen, um die rechtliche Gültigkeit sicherzustellen. Achten Sie dabei jedoch darauf, dass alle betroffenen Personen und Institutionen, wie Banken, Ärztinnen oder Ärzte, über die Anpassungen informiert werden.
Vorgaben bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht
Um sicherzustellen, dass Ihre Vorstellungen in rechtlichen, finanziellen und medizinischen Fragen umgesetzt werden, sind bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht einige Regeln zu beachten.
Die Vorsorgevollmacht bedarf einer Schriftform
Eine Vorsorgevollmacht sollte immer schriftlich erstellt und unterschrieben werden, damit sie rechtlich gültig ist. Nur in dieser Form wird sie von Behörden, Ärztinnen oder Ärzten, der Justiz oder dem Betreuungsgericht anerkannt. In bestimmten Bereichen, wie bei Vermögens- oder Gesundheitsfragen, ist die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben. Um die rechtliche Sicherheit zu erhöhen, kann eine Beglaubigung der Vollmacht durch die Betreuungsbehörde, eine Notarin oder einen Notar sinnvoll sein. Die Betreuungsbehörde berät und hilft auch bei der Erstellung des Dokuments und kann bei der Suche nach einer geeigneten Betreuerin oder einem Betreuer behilflich sein. Die Bundesnotarkammer führt das Vorsorgeregister, in das Ihre Vorsorgevollmacht eingetragen werden kann, damit sie im Ernstfall schnell gefunden wird.
Persönliche Daten sowie Benennung eines Bevollmächtigten
Das Dokument muss Ihre persönlichen Daten (Name, Geburtsdatum, Anschrift) enthalten. Für die Rechtsgültigkeit sind außerdem das Datum und Ihre Unterschrift erforderlich. Zusätzlich können in der Vorsorgevollmacht klare Regelungen getroffen werden, wie die genauen Befugnisse der von Ihnen benannten bevollmächtigten Person. Sie können auch festlegen, dass diese keine Untervollmachten erteilen und damit auch keine anderen Personen beauftragen darf, in Ihrem Namen zu handeln.
Ergänzung durch eine Betreuungsverfügung
Obwohl die Vorsorgevollmacht festlegt, wer für Sie Entscheidungen trifft, kann es in bestimmten Fällen nötig sein, dass das Betreuungsgericht eine rechtliche Betreuung anordnet. Das kann passieren, wenn diese unvollständig ist oder die bzw. der Bevollmächtigte ihre oder seine Pflichten nicht mehr wahrnehmen kann. Auch könnte die Gültigkeit der Vollmacht von Banken oder anderen Institutionen angezweifelt werden. Mit einer Betreuungsverfügung legen Sie fest, wer in solchen Fällen als Betreuerin oder Betreuer eingesetzt werden soll. Die Betreuungsstelle des Bundesministeriums für Justiz informiert und unterstützt Sie dabei.
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vollmacht zur Vorsorge jederzeit widerrufen, solange Sie geschäftsfähig sind. Das bedeutet, dass Sie die Vollmacht zurücknehmen können, wenn Sie zum Beispiel das Vertrauen in die bevollmächtigte Person verloren haben oder wenn sich Ihre Lebenssituation geändert hat und Sie eine andere Person bevollmächtigen möchten. Wichtig ist, dass der Widerruf schriftlich erfolgt, um Missverständnisse zu vermeiden. Außerdem sollten Sie alle Stellen, die die Vollmacht erhalten haben, wie Banken oder Behörden, über die jeweiligen Änderungen informieren, damit die alte Vollmacht nicht mehr gültig ist. So bleiben Sie flexibel und können Ihre Entscheidung jederzeit anpassen.
Unterstützung bei der Vollmacht: Beratung und offizielle Vorlagen
Wenn Sie eine Vorsorgevollmacht erstellen möchten, gibt es zahlreiche Anlaufstellen, die Ihnen dabei helfen. Sie bieten nicht nur rechtswirksame Muster und Vordrucke, sondern auch Beratung, um sicherzustellen, dass Ihre Vollmacht alle rechtlichen Anforderungen erfüllt und Ihren persönlichen Wünschen entspricht.
- Bundesnotarkammer: Auf der Website der Bundesnotarkammer gibt es Muster für Vorsorgevollmachten sowie Informationen zur Registrierung im Vorsorgeregister. Eine Notarin oder ein Notar kann Ihnen zudem bei der Erstellung und Beglaubigung der Vollmacht helfen.
- Betreuungsbehörden: Die Betreuungsbehörden der Städte und Gemeinden bieten ebenfalls Muster-Vollmachten an und beraten bei der Erstellung. Diese sind meist kostenfrei und auf die rechtlichen Anforderungen abgestimmt.
- Bundesministerium der Justiz: Auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz finden Sie ebenfalls Vordrucke und Broschüren zur Vorsorgevollmacht sowie eine ausführliche Erläuterung der rechtlichen Grundlagen.
- Verbraucherschutzorganisationen: Institutionen wie die Verbraucherzentralen bieten rechtssichere Formulare und Beratung an. Bei einigen Stellen sind sogar individuelle Beratungsgespräche möglich.
- Rechtsanwälte und Notare: Wenn Sie eine besonders komplexe Vollmacht wünschen oder eine rechtssichere Beratung benötigen, können Sie sich an eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt oder an eine Notarkanzlei wenden. Die Profis helfen Ihnen bei der individuellen Erstellung und klären alle rechtlichen Fragen.
Warum eine Vorsorgevollmacht unverzichtbar ist
Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie rechtzeitig und selbstbestimmt festlegen, wer in entscheidenden Situationen für Sie handeln soll. Ohne eine Vollmacht müssen Vertrauenspersonen wie Kinder, Partnerin oder Partner erst umständlich eine gerichtliche Genehmigung einholen. Mit diesem Dokument stellen Sie sicher, dass die Person Ihres Vertrauens Ihre Wünsche und Angelegenheiten schnell und rechtssicher umsetzen kann.
Nehmen Sie sich deshalb Zeit, gründlich nachzudenken und sich professionell beraten zu lassen. Nur so können Sie eine umfassende und gültige Vollmacht erstellen. Eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung des Dokuments ist ebenso wichtig, damit dieses immer Ihren aktuellen Vorstellungen entspricht.
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